Jülicher Forscher unterstützen Milliardenprojekt FAIR

Teilchenphysiker erweitern Einblick in die Struktur der Materie / Präzise Experimente mit Antiprotonen geplant

Wiesbaden / Jülich, 04. Oktober 2010 - Teilchenphysiker aus aller Welt gründeten heute offiziell die Betreibergesellschaft des internationalen Großprojektes FAIR in Darmstadt. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und Vertreter des Bundesforschungsministeriums, des Auswärtigen Amtes sowie zahlreicher Staaten unterzeichneten ein entsprechendes völkerrechtliches Abkommen und gaben im Wiesbadener Schloss Biebrich den Startschuss für den Bau des rund eine Milliarde Euro teuren Forschungskomplexes. Jülicher Wissenschaftler übernehmen innerhalb von FAIR den Bau des Hochenergie-Speicherrings HESR und werden sich an der Forschung mit Antiprotonen als ein wesentlicher Partner beteiligen.

"Mit FAIR zeigt sich, dass Deutschland weiterhin ein guter Standort für Spitzenforschung ist", sagt Prof. Sebastian M. Schmidt, Vorstandsmitglied des Forschungszentrums Jülich. "Wir werden die Jülicher Expertise in der Beschleuniger- und Teilchenphysik in das internationale Projekt einbringen und zusammen mit unseren Partnern aus aller Welt in Darmstadt eine exzellente Forschungsstätte aufbauen."
Als internationales Beschleunigerzentrum wird FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research) Forschern weltweit offenstehen und hochenergetische schwere Ionen und Antiprotonen für die Grundlagenforschung zur Verfügung stellen. An FAIR sind über ein Dutzend Länder beteiligt, unter anderem Russland, Indien, Frankreich und Polen. Das Herzstück der über eine Milliarde Euro teuren Anlage wird ein Schwerionen-Ringbeschleuniger mit einem Kilometer Umfang sein. Er wird einerseits leichte Teilchen wie Protonen, aber auch schwere Teilchen mit der über 200fachen Masse des Wasserstoffs auf höchste Energien beschleunigen. Damit sind einzigartige Experimente zum Aufbau der Atome möglich.

Die Bundesrepublik Deutschland wird als Sitzland rund drei Viertel der Kosten tragen. Der Baubeginn ist für 2012 geplant, der wissenschaftliche Betrieb wird 2017 beginnen. Standort der FAIR-Anlage ist das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt.
Das Forschungszentrum Jülich bringt in FAIR sein Know-how im Umgang mit Protonen und Antiprotonen sowie Erfahrung mit Beschleuniger- und Hadronenphysik ein. Der rund 74 Millionen Euro teure und 575 Meter lange Beschleunigerring HESR wird Antiprotonen mit einer Energie von bis zu 15 GeV speichern und für die weltweit präzisesten Experimente bereitstellen. "Für uns stehen nicht die höchsten Teilchenenergien im Vordergrund, sondern wissenschaftliche Fragen und Experimente, die höchste Präzision erfordern", erklärt Prof. Rudolf Maier, Direktor am Jülicher Institut für Kernphysik. "Mit dem HESR am FAIR steht uns bald das chirurgische Skalpell der Teilchenphysik zur Verfügung."
Mit Experimenten am HESR werden elementare Bausteine der Materie untersucht, die Quarks und Gluonen. Ihre Wechselwirkungen bestimmen viele Prozesse, von Aufbau und Masse der Protonen über die Frühphase des Universums bis hin zu kosmischen Prozessen in Supernovae und Quasaren. Aus der fortschrittlichen Technologie, die zum Betrieb von Teilchenbeschleunigern notwendig ist, entstehen oftmals aber auch alltagsrelevante Anwendungen. Einige Beispiele aus den vergangenen Jahren sind medizinische Geräte mit CCD-Sensor, Krebstherapien mittels Teilchenstrahlen und Methoden für nanostrukturierte Werkstoffe.

Das Forschungszentrum Jülich, als Teil der Helmholtz Gemeinschaft und als Forschungszentrum für Schlüsseltechnologien, leistet strategisch-programmatisch ausgerichtete Spitzenforschung. Seine seit 1956 aufgebauten Kompetenzen in der Großforschung nutzt es zur Lösung drängender, gesellschaftlicher Fragen. Neben eigenen Großgeräten entwickelt es mit nationalen und internationalen Partnern wissenschaftliche Infrastrukturen weltweit und stellt sie Nutzern zur Verfügung. Neben seiner tragenden Beteiligung an FAIR sind Jülicher Beiträge maßgeblich zu finden bei den internationalen Neutronenquellen FRM II in München, ILL in Grenoble, SNS in den USA und der geplanten ESS in Schweden, ebenso im europäischen Supercomputerverbund PRACE und in zahlreichen weiteren Projekten in den Bereichen Gesundheit, Energie und Umwelt sowie Informationstechnologie.

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Letzte Änderung: 20.05.2022